Blockchain-Technologie: Hype oder Segen?


Blockchain ist in einschlägigen Foren, vor allem in der Finanzbranche seit einiger Zeit in der Diskussion. Sie erfuhr auch als zugrundeliegenden Technologie von Bitcoins eine hohe Aufmerksamkeit. Doch was ist die Blockchain-Technologie und wozu ist sie gut? In diesem Blogbeitrag will ich die Technologie näher erklären und Anwendungsbeispiele geben.

Funktionsweise der Blockchain

Kurz gesagt handelt es sich bei der Blockchain-Technologie (eigentlich handelt es sich hierbei um die Distributed-Ledger-Technologie ) um eine Verschlüsselungstechnik bei der Datentransaktionen nicht mehr in einer Datenbank gespeichert werden, sondern innerhalb eines Codes. Dieser Code ist die Blockchain. Er wird nun nicht mehr auf einem PC oder Server gespeichert, sondern innerhalb eines Peer-to-Peer Netzwerks.[1] Dadurch wird die sichere, ortunabhängige Speicherung und Verwendung von Daten ermöglicht.

Während früher Informationen über Transaktionen lokal auf einem PC gespeichert wurden, ist dies nun heute nicht mehr der Fall. Die Daten werden in einem Netzwerk gespeichert. Hierbei sind zentrale Datenbank-Ansätze mit einer Reihe von Nachteilen verbunden, wie z.B. Leistungsengpässe, Anfälligkeit für Ausfälle, Authentizität sowie externe und interne Angriffe auf die Integrität.[2]

Die Blockchain-Technologie beinhaltet spezielle Anforderungen an die Authentifizierung und Validierung von Daten. Die Daten müssen vor Zugriffen unberechtigter Personen geschützt werden und es soll nachvollzogen werden, wer die Daten wann und wie verändert hat.

Die Methode war ursprünglich als Authentifizierungsmethode von Kryptowährungen erfunden worden, da virtuelle Währungen beliebig erzeugt werden können. Es besteht hierbei die Gefahr einer unkontrollierbaren Inflation oder Deflation.[3]

Funktionsweise der Blockchain, Prinz et al. (2018), S. 313.

Der Prozess läuft nun wie folgt ab: am Anfang wird die Transaktion vom Sender digital signiert und dann an das Netzwerk gesendet. Dort wird es an die Netzwerkteilnehmer verteilt. Diese prüfen die Transaktion auf Gültigkeit und validieren diese durch eine Methode der Konsensbildung.[4].

Bei der Konsensbildung werden die Transaktionen durch das sog. „Hashing“ in Blöcken codiert. Beim Hashing werden beliebige Zeichenfolgen in kleinere Teilmengen zerlegt und in eine standardisierte Datenstruktur geordnet. Dazu werden alle Aussagen in sog. Hashwerte kodiert und hierarchisch verdichtet, was als Hash- oder Merkle-Baum bezeichnet wird. Ein Hash-Wert wird hierbei durch eine sog. Hashfunktion erzeugt. Deshalb ist die Methode auch gegenüber Manipulationsversuchen sicher, da die Veränderung der Daten zu einer Inkonsistenz des Hash-Baums und somit der gesamten Datenstruktur führen würde [5].

In der Praxis existieren verschiedene Formen der Konsensbildung:

– Byzantine Fault Tolerance (BFT),
– Proof of Work (PoW) und
– Proof of Stake (PoS).

Bei Byzantine Fault Tolerance werden alle Teilnehmer bzw. Netzwerkknoten in die Konsensbildung miteinbezogen, die die Validierung individuell durchführen müssen. Bei den Transaktionen wird dadurch eine hohe Leistungsfähigkeit hinsichtlich der Latenzzeit und Durchlaufzeit erreicht. Von Nachteil ist, dass ein Teilnehmer die IDs von den anderen Knoten kennen muss. Das System ist somit in sich geschossen.

Bei Proof of Work werden nicht alle Teilnehmer in die Validierung miteinbezogen, sondern es wird eine Hash-Funktion fester Größe erarbeitet. Dadurch können alle Knoten die Schlussfolgerungen aus den Berechnungen nachvollziehen und unabhängig von den anderen Knoten überprüfen.  

Als dritte Methode existiert das Proof-of-Stake-Verfahren. Dieses eignet sich für private Blockchains, bei denen die Teilnehmer bekannt sind und eine Zulassungsbeschränkung vorliegt. Bei dieser Form der Konsensbildung wird die Berechnung der Hash-Funktion durch eine digitale Signatur ersetzt, die eine Beteiligung an der Blockchain nachweist. Für die Validierung und Genehmigung der Transaktion werden ein oder mehrere Knoten zufällig oder anteilsmäßig ausgewählt.

Danach werden die einzelnen Blöck miteinander zu einer Blockchain verbunden und über mehrere Netzwerkknoten verteilt. Kommen neue Blöcke hinzu, muss dies ebenfalls mit allen Teilnehmern abgestimmt werden.[6]

Konsensfindung bei Bitcoin: die Konsensfindung erfolgt hier über die Lösung kryptografischer Rätsel. Der Schwierigkeitsgrad des Rätsels kontrolliert die Sicherheitsanforderungen. Bei Bitcoin sollen nicht unendlich viele Einheiten der Währung pro Zeiteinheit geschöpft werden. Das Rätsel wird somit immer “schwerer” zu lösen. Da die Rechnerleistung gemäß dem Mooreschen Gesetz zunimmt, muss die Coinherstellung künstlich verknappt werden. Daraus entsteht in der Bitcoin Szene ein Wettbewerb um die besten Rechner. Somit kann anhand der Schwierigkeit des Rätsels auch die Stärke der Rechnerkapazität gemessen werden.[7]


Was macht die Blockchain so besonders?

Die Innovation von Blockchain besteht darin, dass die Authentifizierung und Validierung von digitalen Signaturen nicht mehr über eine unabhängige Zertifizierungsstelle geregelt wird, sondern vermeintlich demokratisch über eine Konsensmethode der Netzwerkpartner ausgehandelt wird. Denn grundsätzlich sind hierbei alle Teilnehmer gleichberechtigt, sie kennen sich oftmals untereinander und stehen hinsichtlich ihrer Wertigkeit auf derselben Stufe, denn jeder Teilnehmer speichert die Vollständige Kette.[7] Es handelt sich hierbei um ein Verfahren mit größtmöglicher Transparenz.

Bei der traditionellen Signierungsmethode wird für die Nachricht ein Hash-Wert gebildet, für dessen Entschlüsselung der Rechner einen Public-Key und Private-Key besitzt (Client-Server-Prinzip).[8] Zur Entschlüsselung bekommt die entschlüsselnde Gegenstelle den Public-Key. Beglaubigt wird dieser durch die zertifizierende Stelle. Bei der Blockchain-Methode fällt dieser Schritt weg. Nachteilig ist bei Blockchain allerdings die hohe Datenredundanz sowie die hohe Nutzlast der Rechnerkapazität bei der Berechnung der kryptografischen Rätsel, welcher einen hohen Stromverbrauch zur Folge hat.[9] Sogenannte Bitcoin-Miner können deshalb über Analysen zum Stromverbrauch under der Wärmeemission vermeintlich identifiziert werden.


Vorteile der Blockchain-Technologie

Insgesamt hat die DLT folgende Vorteile:

  • Fälschungssicherung und uniforme Kodierung von Dokumenten und Vermögenswerten,
  • Hohe Transparenz,
  • Unbestechlichkeit,
  • Irreversibilität der Speicherung von Transaktionen und Nachvollziehbarkeit,
  • Verifizierung im Peer-to-Peer Netzwerk (P2P),
  • Hohe Ausfallsicherheit und Widerstandsfähigkeit.[10]

Aufgrund der genannten Vorteile wird die Technologie als vertrauenswürdig für Marktteilnehmer angesehen, da sie zugleich als fälschungssicher und störungssicher gilt.[11] Gleichzeitig können alle jemals getätigten Änderungen an der Blockchain nachvollzogen werden, da keine Daten gelöscht werden können.[12] Die Blockchain ersetzt hierbei die zentrale Abrechnungsfunktion bei Banken, Händlern und Privatnutzern durch gemeinsame Algorithmen zur Authentifizierung und Zertifizierung im Netz.[13]

Anwendungsmöglichkeiten der Blockchain

Die Blockchain eignet sich für die fälschungssichere Aufzeichnung die Transaktionen von Nutzern im Zahlungs- und Geschäftsverkehr. Die Technologie kann zudem für den Herkunftsnachweis von Produkten und Transaktionen verwendet werden.[14] Die Distributed-Ledger-Technologie eignet sich insgesamt vor allem dann, wenn mehrere Parteien involviert sind, die verschiedene Betriebssysteme oder Softwareanwendungen nutzen und sich gleichzeitig betreffende Einheiten bzw. Sachverhalte schnell verändern. Der Vorteil liegt hierbei in der sicheren, manipulationsfreien und automatisierten Erfassung der Veränderungen.[15]

Ein Anwendungsbeispiel von Blockchain-Technologie ergibt sich im Zusammenspiel von „Smart Contracts“. Für Banken und andere Finanzdienstleister stellen Smart Contracts eine Möglichkeit der Automatisierung des Vertriebs und der Vertragsabwicklung dar. Bei Smart Contracts handelt es sich um einen Programmcode in Form einer “When-If”-Schleife. Diese führt selbstständig und automatisiert vordefinierte Aktionen aus. Mithilfe der Blockchain-Technologie können nun Smart Contracts rechtssicher ausgeführt werden. Durch die Blockchain werden Vertragsbestandteile in ihrem Code unveränderlich und manipulationssicher festgeschrieben. Es ist somit keine menschliche Interaktion oder Intervention mehr notwendig und auch die Frage, ob dem Vertragspartner vertraut wird, wird obsolet.[16]

Smart Contracts können überall dort zum Einsatz kommen, wo Leistungen erbracht werden sollen z.B. beim Bezahlen oder Speichern und Bearbeiten von Datensätzen.[17] Etwa erlaubt die Technologie die Verwaltung von Prämieneinzahlungen bei Versicherern und die automatische Leistungsauszahlung zur Schadenregulierung.[18]


Grenzen von Blockchain

Trotz der vielfältigen Vorteile hat auch die Blockchain-Technologie ihre Grenzen. Sie ist natürlich nicht 100% unzerstörbar und unbeeinflussbar.[19] Die Schwierigkeit von Laien wird darin liegen, zu erkennen, wenn ein Code kompromittiert ist und wie dagegen Abhilfe geschaffen werden kann. Auch ist es aus rechtlicher Sicht notwendig, beim Zusammenspiel mit Smart Contracts Richtlinien zu entwickeln, etwa wenn der Code fehlerhaft ist.[20] In diesem Fall müssen Kontroll- und Eingriffsoptionen bestehen, um die Ausführung des Algorithmus zu unterbrechen.

Ferner bleibt offen, wie die Technologie massentauglich eingesetzt werden kann.[21] Sie ist derzeit nur schlecht skalierbar, da mit der derzeitigen Infrastruktur nur sieben Transaktionen pro Sekunde durchgeführt werden können, was pro Tag 500.000 Transaktionen entspricht. Allein in Deutschland werden aber pro Tag 70 Millionen Transaktionen durchgeführt und weltweit mehr als eine Milliarde pro Tag. Die Blockchain ist somit derzeit nicht leistungsfähig genug.[22]

Hinzukommt der hohe Energieverbrauch, der laut vbw (2107) mit 80 Cent pro Transaktion beziffert wird, sowie der hohe Speicherverbrauch auf den lokalen Festplatten oder in einer Cloud, der zudem mit jeder Transaktion anwächst, da immer der gesamte Code der Blockchain abgespeichert wird.[23]

Der dauerhaften Speicherung von Daten, wie in der Blockchain vorgesehen, steht zudem dem Art. 17 der DSGVO, dem Recht auf Vergessen, entgegen. Dies betrifft auch und vor allem die Speicherung persönlicher sensibler Daten. Die Nichtveränderbarkeit der Blockchain ist zudem auch hinderlich beim Auftreten von Fehlbuchungen, die es zu korrigieren gilt oder die gelöscht werden müssen. Schließlich bleibt noch die Standardisierung zu klären, welche das Kopieren oder Verschieben von Daten unmöglich macht, welche aber für die Interoperabilität zwischen den verschiedenen Arten von Blockchains und Plattformen notwendig ist.[24]

Fazit

Die oben genannten Aspekte lassen in der Praxis die Frage offen, ob sich Blockchain in großem Stil durchsetzen wird. Denn die Akzeptanz der Nutzer ist abhängig von der Einfachheit und Sicherheit der Bedienung. Auch machen die Maßnahmen zum Ausgleich der bestehenden Nachteile der Blockchain die Vorteilhaftigkeit der grundsätzlichen Idee von Blockchain zunichte. Mein persönliches Fazit ist deshalb, dass Blockchain zunächst eine Nischentechnologie bleiben wird, die in bestimmten Branchen, z.B. der Versicherungsbranche, verstärkt zum Einsatz kommt.


[1] Gentemann und Bitkom Research (2019) S.4 sowie Püttgen und Kaulartz (2017) S. 2.
[2] Prinz et al. (2018) S. 312.
[3] Prinz et al. (2018) S. 311.
[4] Prinz und Schulte (2017a) S. 6.
[5] Prinz et al. (2018) S. 312 und Prinz und Schulte (2017a) S. 6.
[6] Prinz und Schulte (2017a) S. 6.
[7] Prinz und Schulte (2017a) S. 6.
[8] Püttgen und Kaulartz (2017) S. 3.
[9] Prinz et al. (2018) S. 314.
[10] Prinz et al. (2018) S. 312 und Püttgen und Kaulartz (2017) S. 4.
[11] Prinz et al. (2018) S. 312.
[12] Püttgen und Kaulartz (2017) S. 3.
[13] Prinz et al. (2018) S. 311 .
[14] Prinz et al. (2018) S. 311.
[15] McLean und Deane-Johns (2016) S. 3.
[16] McLean und Deane-Johns (2016) S. 3.
[17] Püttgen und Kaulartz (2017) S. 6.
[18] Püttgen und Kaulartz (2017) S. 6.
[19] Püttgen und Kaulartz (2017) S. 8.
[20] Püttgen und Kaulartz (2017) S. 8 und vbw (2017a) S. 22.
[21] Püttgen und Kaulartz (2017) S. 8.
[22] vbw (2017a) S.46.
[23] vbw (2017a) S.46.
[24] Püttgen und Kaulartz (2017) S. 8 und vbw (2017a) S. 47.